Hinter jeder Bindungsangst liegt grundsätzlich eine VERLUSTANGST!
Und diese Angst berührt/triggert unsere Urwunde also das, was wir in unseren frühkindlichen Erfahrungen leidvoll erleben mussten (fehlende oder keine Bindung von unseren Bezugspersonen und/oder fehlende Co-Regulation bei intensivem Stress).
Wir brauchen Bindung und sehnen uns stark nach Bindung und dennoch gibt es das Phänomen, genau diese Bindung selbst zu zerstören.
Rückblickend stellen wir oft fest, dass wir uns in bestimmten Situationen immer gleich verhalten - und zwar destruktiv!
Hier greife ich mein Beispiel von gestern auf:
Mein Freund reagiert nicht auf meine Nachricht.
Rational gedacht kann das verschiedene Ursachen haben und muss nicht zwangsläufig etwas mit mir zu tun haben
.

Wenn ich jedoch ein Bindungstrauma habe und getriggert werde, ist mein Verstand in diesem Moment komplett ausgeschaltet.
Ich kann dann leider nur noch aus meinen traumatisierten Anteilen heraus agieren und die Reaktionen sind:
Fight, Flight, Freeze, Fawn - also Kampf, Flucht, Erstarren, Unterwerfung.
Das erklärt, z.Bsp., die plötzlichen Rückzüge von Bindungsängstlern aus Beziehungen (Flucht).
Der "böse" Freund, der mich ignoriert, was mich extrem triggert, bekommt nun meine Fight Response zu spüren - ich schreibe ihm eine richtig heftige Nachricht, beschimpfe ihn evtl. sogar und breche einen Streit vom Zaun.
Gleichzeitig haben viele Betroffene das Gefühl, das besser zu unterlassen aber können es einfach nicht!
Einige berichten davon, dass sie sich quasi selbst beobachtet haben und dachten: "mach das nicht!"
Doch es ist in diesem Moment wie ein Zwang
.

Denn damit torpediere ich meine Beziehung - obwohl ich diese ja eigentlich unbedingt behalten möchte!
Wir sind in diesem Moment leider nicht in der Lage, anders zu reagieren!
Unser Nervensystem ist außerhalb des Toleranzfensters geraten und die traumatisierten Anteile in uns übernehmen die Kontrolle.
Was kannst Du dagegen tun?
1)
Den Partner informieren - damit dieser vorgewarnt ist und Deine Reaktion nicht persönlich nimmt.
Evtl. kannst Du ihm auch mitteilen, was Du in diesen Situationen brauchst - zum Beispiel eine Umarmung, die Dir Sicherheit gibt.
2)
Du musst Deine Trigger kennen und welches Gefühl sie in Dir auslösen - evtl. auch körperliche Reaktionen, die damit einher gehen.
3)
Achtsamkeit ist von nun an extrem wichtig - Du hast eine Chance anders zu reagieren, als sonst.
Dazu musst Du früh genug bemerken, dass Du aus dem Gleichgewicht gerätst!
Nur dann, wenn das Gefühl noch nicht zu stark ist, bist Du in der Lage, den Verstand einzubeziehen und ganz bewusst anders zu reagieren.
4)
Das wir in bestimmten Situationen immer gleich reagieren hängt damit zusammen, dass unser Gehirn feste neuronale Verbindungen geschaffen hat - das hat zur Folge, dass wir nicht mehr denken müssen.
Im Straßenverkehr denken wir meistens nicht mehr - sondern fahren automatisch.
Wenn wir den Automatismus unseres Gehirns ändern möchten, was jederzeit möglich ist
, müssen wir die alten neuronalen Verbindungen umprogrammieren.

Das heißt, wenn wir es schaffen, in Trigger Situationen zukünftig anders zu reagieren, entschärfen wir die tickende Bombe in uns.
Das dauert eine gewisse Zeit aber es wird definitiv passieren.
Gleichzeitig verändern wir die von uns wahrgenommene Realität!
Wenn ich meine impulsive Reaktion auf den Trigger verändere, erlebe ich anschließend das meine Angst völlig unbegründet war.
Der "böse" Freund hat nicht auf meine Nachricht reagiert, weil er gerade ein berufliches Problem hatte und nicht weil er mich verlassen will!
Es ist also möglich, die Selbstsabotage der eigenen Beziehungen in den Griff zu bekommen
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Bewusstheit und Achtsamkeit sind die Schlüssel und natürlich ein verständnisvoller Partner
.
